Rainer Totzke: "Buchstaben-Folgen. Schriftlichkeit, Wissenschaft und Heideggers Kritik an der Wissenschaftsideologie"

Kurzinhalt:

Was leistet Schrift? Wie entsteht Wissenschaft? Was ist Metaphysik?

"Buchstaben-Folgen" rekonstruiert das Projekt abendländischer Wissenschaft vor dem Hintergrund der Differenz von Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Methodisch inspiriert vom Fundamentalpragmatismus des frühen Heidegger liefert der Text zugleich eine überraschende medienphilosophische Reinterpretation von dessen Metaphysikkritik, die im Kern als Kritik an der modernen Wissenschaftsideologie zu verstehen ist.

Das Buch bindet dabei zwei Debatten zusammen, die bisher noch kaum verknüpft worden sind: die interdisziplinäre Debatte der 80er und 90er Jahre um die kulturellen Auswirkungen von Schrift und Schriftlichkeit einerseits und die von Heidegger wesentlich angestoßene, bis heute anhaltende philosophische Diskussion um Status und Reichweite wissenschaftlicher Weltdarstellungen andererseits. In einer doppelten - medienhistorischen und medienphänomenologischen - Perspektive wird erläutert, welche (schrift-)praktischen Entstehungsbedingungen und welchen Status wissenschaftliche Aussagen als verdauerte sprachliche Handlungen haben, was bestimmte Missverständnisse von Wissenschaft sind und wie diese Missverständnisse gerade durch die (alphabet-)schriftliche Form der Wissensdarstellung evoziert werden.

Der erste Teil des Buches zeigt im Anschluss an Arbeiten von Jan Assmann, Christian Stetter u.a., wie die Erfindung und Verbreitung der Alphabetschrift in Griechenland die Ausprägung eines formalen Sprachumgangs, die Entstehung von formaler Logik und logisch-enzyklopädischer Wissenschaft als episteme zugleich ermöglicht und herausgefordert hat. Im zweiten Teil des Buches werden zentrale Texte Heideggers im Kontext schriftphilosophischer Überlegungen neu gedeutet. Heideggers kritische Diagnose, dass die Geburtsstunde der okzidentalen Wissenschaft zugleich die Geburtsstunde der abendländischen Wissenschaftsmetaphysik ist, wird verständlich, wenn man sie mit der unreflektierten konstitutiven Schriftlichkeit des Wissenschaftsprojektes in Zusammenhang bringt. "Seinsvergessenheit" wird im Kern als Schriftvergessenheit verstehbar.

Die Darstellung bewegt sich in einem spannungsreichen Verhältnis zu den schriftphilosophischen Thesen von Jacques Derrida und dessen Projekt einer "Grammatologie". Die Auseinandersetzung mit Derridas extrem erweiterten Schriftbegriff und mit dessen Kritik am vermeintlichen Präsentismus Heideggers bilden das abschließende Kapitel von "Buchstaben-Folgen".


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